Die Eisenbahn fährt nach Hausach

Hausachs Entwicklung zur Eisenbahn- und Industriestadt begann am 2. Juli 1866

Mit der ersten Teilstrecke Nürnberg - Fürth am 7. Dezember 1835 begann ein neues Zeitalter

Am 2. Juli 1866 erreichte eine „Dampfmaschine auf Rädern“ auf einspuriger Gleisanlage erstmalig auch die Hausacher "Endstation". Baubeginn für die umstrittene Schwarzwald Querspange war der 1. April 1865, so dass nach nur 14 monatiger Bauzeit die erste Teilstrecke, die 34 km lange Kinzigtalbahn von Offenburg nach Hausach befahren werden konnte. Die Höchstgeschwindigkeit der 1854 auf Normalspur umgebauten 120 badischen Loks lag bei etwa 60 km/h. Für das damalige Empfinden ein unfassbares „Höllentempo“. Ochsengespanne brauchten bei entsprechend schweren Lasten auf der steinigen Landstrasse nach Offenburg bis zu 6 Stunden.

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Crampton-Lok 13 "Phönix" von 1863 als Erinnerungsgrafik anlässlich der 125. jährigen Gedenkfeier in Hausach. (Stadtarchiv) 

Dass Robert Gerwig zu diesem Zeitpunkt bereits an den letzten Details der Bauarbeiten der eigentlichen Schwarzwaldbahn Hornberg, Triberg bis nach Singen tüftelte, war den wenigsten Schaulustigen der Hausacher vorläufigen „Endstation“ bekannt. Beklagt wurde dagegen, dass bei einem solch wichtigen Ereignis alle Festlichkeiten untersagt waren. Das Großherzogtum Baden stand  an der Seite Österreichs im „Bruderkrieg“ gegen die Preußen um die Vorherrschaft im Deutschen Bund.

Einen Tag nachdem das „Städtle unter der Burg“ über die Kinzigtalbahn mit der großen badischen  Welt verbunden war,  am 3 Juli 1866, brachte die Niederlage bei Königsgrätz die Entscheidung gegen Österreich und seinem Verbündeten, das Großherzogtum Baden. Das Badische Eisenbahn Fieber gewann dennoch wieder Oberhand, zumal Preußen das bisherige Badische Territorium respektierte und so weder die Hauptstrecke Mannheim – Basel noch die Kinzigtalbahn gefährdet waren.      

Das erste Hausacher Bahnhofgebäude mit den dazugehörenden Holzschuppen der Güterabfertigung war noch klein, es entsprach aber den Anforderungen der neuen Zeit, obwohl Post und Bahn  seit 1853 gemeinsam der „Direction der Großherzoglichen Posten und Eisenbahnen“ unterstanden.

Erster Hausacher Bahn- und Postverwalter war der Beamte Wilhelm Malzacher, der auch die Posthalterstelle vom Gasthaus Krone Richtung Bahnhof verlegte. Zwischen 1874 und 1894 war die Post im alten Bahnhofsgebäude untergebracht, nachdem sie vorübergehend im Bahnhofshotel und ab 1894 ins Gebäude des späteren Korbmachers Welzel ausgelagert worden war. Erst im Jahr 1899 konnte dann das „Kaiserliche Postamt“ in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs bezogen werden.

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Blick auf das Bahngelände um die Jahrhundertwende. Im Hintergrund das Frohnautal. 

Auf der neuen Bahnstrecke verkehrten täglich 5 Züge von und nach Offenburg: Ein Frühzug um 4:25 h und einer um 7:30 h. Nachmittags fuhren ebenso 2 Züge um 12:35 h und um 15:13 h. Um 18:00 h verließ der letzte Zug den Bahnhof Richtung Offenburg.

Ab Hausach konnte man 3x täglich die Bäderstadt Bad Rippoldsau per Privattransport erreichen. Amtliche Post- (Personen) Transporte fuhren täglich nach Triberg, Villingen, Donaueschingen und Rottweil. Ebenso wurde die Strecke Wolfach, Schiltach Schramberg amtlich befahren. Ab Triberg konnte Furtwangen und Vöhrenbach erreicht werden. Die amtliche Post-Strecke führte von Triberg weiter nach Engen.

Die Bahn nach Hausach  brachte den erwarteten  wirtschaftlichen Aufschwung für das Kinzigtal und natürlich auch für Hausach der vorläufigen Endstation. Die Trasse von Straßburg nach Hausach  quer durch den Schwarzwald zum Bodensee auf badischem Gebiet, weiter zu den Schweizer Pässen oder entlang der Donau nach Wien versprach der Bevölkerung des ganzen Mittleren Schwarzwaldes Arbeitsplätze und neue Absatzmärkte. 

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Das neue Bahnhof - Hotel um die Jahrhundertwende 

So baute in Hausach Hotelier Schmider zunächst ein standesgemäßes und repräsentatives „Bahnhofshotel“ für den zu erwartenden Publikumsverkehr. Für die 1737 Hausacher und ,  777  Einbacher Einwohner gehörte dieses Bauwerk zum Feinsten.   .    

Zur weiteren Beförderung ankommender Güter ließen sich die Speditionsfirmen Beck & Wenk, etwas später ein Spediteur Lauble am Bahnhof nieder. Beide konnten die anfallenden Gütertransporte kaum bewältigen.  Dass Hausach so auch interessant für die weitere Industrieansiedlung war, lag an der guten verkehrstechnischen Anbindung. Neben der vorhandenen Eisenindustrie südöstlich der Bahnstrecke verarbeitete das Sägewerk Streit heimisches Holz, die Hut-Fabrik Wolber & Pfaff belieferte ganz Deutschland mit Strohhüten, der Hosenträger Schmider produzierte zusätzlich Gürtel und Patronentaschen,  eine Zigarrenfabrik sorgte für das gute Aroma nach festlichen Essen.   

Mit der feierlichen Eröffnung der ersten deutschen Teilstrecke Nürnberg - Fürth am 7. Dezember 1835 hatte alles begonnen. Nach 31 Jahren Eisenbahn-Geschichte der Deutschen Staaten, gehörte die kleine Stadt Hausach unter der Burg, trotz aller politischen Unstimmigkeiten, Fehlentwicklungen, der Umrüstung von der badischen Breitspur auf die englische Spurbreite und den Finanzierungsproblemen zu den Profiteuren des Eisenbahnfiebers. Hausachs Entwicklung zur Eisenbahner- und Industriestadt begann am 2. Juli 1866.   

Text: Bernd Schmid / Bilder:Stadtarchiv / Quellen : Bischoff Chronik/ Albert Mühl, "Die Großherzoglich Badischen Staatseisenbahnen" Stgt. 1981