Industrie
Die Wurzeln und Anfänge industrieller Entwicklung in Hausach
Die ersten Pioniere, die neben der relativ kleinen Ansiedlung unter der Burg die Grundlagen handwerklich-industrieller Produktionsbedingungen erkannten, waren die Brüder Litschgi, die am 14.07.1740 ein Hütten- und Hammerwerk in Hausach gründeten.
Gegeben war die damals nicht uneigennützige Kooperationsbereitschaft der fürstlichen Hofkammer in Donaueschingen. Die beiden Brüder gingen davon aus, dass die Verhüttung der in den umliegenden Bergwerken gewonnenen Eisenerze bei dem reichlich vorhandenen Rohstoff und Energieträger Holz aus den fürstlichen Waldungen, Grundlage einer soliden Industrieansiedlung sein könnte. Die Gründung des Werkes zog aus der nahen und weiteren Umgebung Fachkräfte an, die sich in Hausach ansiedelten und das Leben unter der Burg mitgestalteten. 1753 übernahmen Georg Oschwald und der Schaffhauser Rittmeister Ott das Werk und bauten das Herrenhaus, das so zum Symbol des Hausacher industriellen Neubeginns geworden ist. Wie ursprünglich vereinbart, übernahm 1770 die Landesherrschaft den Betrieb und suchte neue Betreiber, was sich als äußerst schwierig erwies.
Lediglich die Pfannschmiede konnte 1774 an den aus Wangen stammenden Michael Speckle und den Hausacher Posthalter Glück übergeben werden, was bis 1796 Bestand hatte. Die weiteren Betreiber waren die Stadt Hausach, und nach 30-jähriger Ruhezeit aktivierte und modernisierte am 04.08.1888 Heinrich Sohler das Werk als turbinenbetriebenes Walzwerk. Das Werk Sohlers ging zum Jahreswechsel 1893/94 in Konkurs und wurde von Friedrich Mathias ersteigert, der es aber schon nach 7 Jahren um 1900 an die jüdische OHG Wolf, Netter und Jakobi veräußerte. Am 29.03.1938 stellte die Firma Mannesmann den Betrieb auf Stahlblechbau um.
Die infrastrukturellen Bedingungen verbesserten sich mit dem Bau des Gewerbekanals, vor allem aber mit der Aufnahme des Gleisbaus 1864 nach Hausach.
Neben der Beamtenstadt Wolfach und dem Marktflecken Haslach war Hausach eben ein Arbeiter- und Industrieort, der sich zunehmend von der agrarischen Produktion löste, ohne je diesen Schwerpunkt aus dem Blick zu verlieren und, vor allem in den Talschaften, weiter intensiv bis hin zur Landwirtschaft als Nebenerwerb weiter zu kultivieren.
Zur Schwarzwälder Tradition gehörte als Bestandteil der Tracht, aber auch als modisches Element das Tragen von Strohhüten. Mit der Gründerzeit nach dem gewonnenen Krieg 1870/71 entwickelte sich in Hausach die Produktion vielfältiger Kopfbedeckungen aus Stroh zu allen Gelegenheiten, eine Produktion, die vor allem auch weibliche Handfertigkeit forderte und so vielen Hausfrauen einen wichtigen zusätzlichen Zuverdienst sicherte. Die "Strohhutfabrik" der Herren Wolber und Pfaff stand zentral im sich neu entwickelnden Ortskern.
Östlich des Ortes siedelte schon ab 1865 ein industriell betriebenes Sägewerk, das sich aus kleinsten Anfängen bis heute, dank rationellster Produktionsformen und straffer Führung der Besitzerfamilie Streit zu einem der größten Werke der Raumschaft entwickelte.
1892 fand mit dem Sattlermeister Johann Schmider auch die Verarbeitung von Lederwaren in Hausach ihren Weg vom Handwerksbetrieb zur Serienherstellung: Von Patronentaschen über Hosenträger, Gürtel, Trachtenpuppen, Drehorgeln, Textilien mit jeweils anspruchsvollem Format wurde die Produktpalette den Erfordernissen des schwieriger werdenden Marktes angepasst.
Aus kleinsten Anfängen entwickelte sich 1937 eine der bedeutendsten Hausacher Firmen des Karl Hengstler, der seine Produktion in der Kegelbahn des "Gasthauses Blume" begann. Seine ersten Produkte: Wagenheber und einfache hydraulische Werkzeuge, was vor allem auch zu Kriegszeiten dringend gebraucht wurde. Um 1941 wurde der Betrieb in der Schänzlestrasse erweitert und an die 100 Betriebsangehörige sorgten für den "Nachschub". Die Firma wurde nach dem Krieg demontiert und zählte bei ihrem Neustart in die Nachkriegszeit gerade mal 16 Mitarbeiter.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde in Hausach eine Fabrik eingerichtet, die Bowdenzüge für Fahrzeuge, sanitäre Anlagen und Spielzeuge herstellte. Der mit der technischen Leitung betraute Teilhaber Fritz Wöhrle galt in Hausach als Tüftler, der Produktionsmethoden und selbst gestaltete Maschinen dem jeweiligen Bedarf anzupassen verstand. Auch in diesem Betrieb war Fingerfertigkeit erforderlich, was die Grundlage der Beschäftigung von überwiegend weiblichen Arbeitskräften war.
1932 gründete Michael Armbruster die "Schwarzwälder Steinindustrie" nord-östlich des großen Gleisanlage des Bahnhofs. Seine Fabrik produzierte mit 10 Arbeitern aus der bei den Dampfloks anfallenden Schlacke Hohlblocksteine. Sie besaßen 4 Luftkammern und waren für den Hausbau besonders gut geeignet. 1944 wurde das Firmengelände neben der Schienenanlage bombardiert.
Zur richtigen Zeit des Wiederaufbaus sorgte Karl Ebert auf gleichem Gelände für die Herstellung von Bausteinen. Aus Zement und Bims fertigte er mit einer kleinen fleißigen Belegschaft Schwemmbausteine, die vor allem auch vor Ort beim Bau der Hausacher Schulen reichlich gebraucht wurden. Auch dem Wunsch nach "Wohnen in den eigenen vier Wänden" kam in den Fünfzigern das Konzept des relativ preiswerten "Siedlungshauses" entgegen: Vom Ausheben der Baugrube über den Rohbau mit Schwemmbaustein bis hin zum Innenausbau realisierte, trotz geringer finanzieller Mittel, manch fleißiger Familienvater seinen Traum vom eigenen Haus.
Außerhalb der Stadt fertigte die Firma Deutag Straßenbeläge. Sie ist die Vorgängerin auf dem Gelände der heutigen Firma Uhl.
Aus dem Sägewerk Armbruster entwickelte sich in der Nachkriegszeit das Furnierwerk, das aus edelstem Stammholz und tropischen Hölzern wertvolle Furniere herstellte, die gerade in der Zeit des Übergangs vom Massivholz zur Spanplatte ihre Marktnische im Möbel- und Innenausbau fand.
Mit der Umsiedlung der Hammerschmiede des Richard Neumayer und dem Drehteilehersteller Erich Neumayer nach Hausach wurde 1952 in Hausach ein Meilenstein industrieller Fertigung und Bereitstellung von Arbeitsplätzen für das mittlere Kinzigtal gesetzt.
Text/Bild: Bernd Schmid