Gegenreformation ohne Gewalt und Härte

Die östliche Ortsgrenze ist bis heute Konfessionsgrenze

Das Interim, Macht und Glaube im Kinzigtal

1548 02 Konfessionsgrenzefuerst
 

Wie sehr die staatlichen und religiösen Belange dieser nachreformatorischen Zeit im Großen wie im Kleinen miteinander verknüpft waren, wird durch das "Interim" im Kinzigtal deutlich.

Die weltlichen Herrscher, allen voran der Kaiser, Graf Wilhelm, Anhänger der Reformierten und dessen Bruder Friedrich als Katholik, versuchten einen Kompromiss umzusetzen, der die vom Kaiser angedrohte Herrschaft der Fürstenberger im Kinzigtal nicht schmälerte, die katholischen Glaubenspraxis wieder verbindlich einführte und dennoch den Reformierten ermöglichte, einige wichtige Errungenschaften beizubehalten.

" Im Augsburger Reichstagsabschied vom 30. Mai 1548 erließ der Kaiser eine von mehreren Theologen ausgearbeitete vorläufige Religionsordnung, das Augsburger Interim. Die altgläubige Lehre und katholische Ritualien sollten wiederhergestellt werden, wobei man den Protestanten erlaubte, das Abendmahl, vorbehaltlich der päpstlichen Dispens, den Laien unter beiderlei Gestalt vorübergehend zu spenden und bereits verheiratete Priester im Amt zu belassen. Dadurch sollte ihnen die Rückkehr zur alten Kirche erleichtert werden. Der Kaiser konnte dies allerdings nur in den süddeutschen, protestantischen Gebieten durchsetzen.

Nachdem der protestantische Graf Wilhelm die Landvogtei Ortenau und die Herrschaft Kinzigtal seinem katholischen Bruder Graf Friedrich bereits 1547 übertragen hatte, war nun zusammen mit dem Inkrafttreten des Interims eine wichtige Voraussetzung gegeben für die Rekatholisierung der Landvogtei Ortenau und des Kinzigtals. Graf Friedrich schickte am 11. Juli 1548 an seinen Amtmann Jos Münch drei Exemplare des Interims: Eines für seine Amtleute, die anderen für die Herrschaft Kinzigtal und die Landvogtei Ortenau. Auf kaiserlichen Befehl habe er, so schreibt der Graf, die Anhänger der „newen confession" zu ermahnen, das Interim anzunehmen.

1548 01 Konfessionsgrenze Gutach

Die drei höchsten Beamten des Kinzigtals wurden mit der Durchführung des Interims betraut. Da diese aber selbst Anhänger der neuen Lehre waren, versuchten sie zunächst, die Bedingungen zu mildern bzw. ihre Durchsetzung hinauszuzögern, indem der fürstenbergische Amtmann Münch Graf Friedrich darauf hinwies, zunächst die Maßnahmen hinsichtlich des Interims im angrenzenden Württemberg abzuwarten; denn „solt ich (Münch) meßpfaffen uff stellen und die underthanen darzu trengen, ist wider mein gewissen, kans und wills auch nit thun".

Graf Friedrich war persönlich an der einvernehmlichen und verträglichen Durchführung des Interims interessiert. Die Tatsache, dass er 1555 mit Hans Branz wieder einen protestantischen Oberamtmann für das Kinzigtal in Dienst nahm, sicherte das gemäßigte Vorgehen in Sachen Religionszugehörigkeit. Erst nach seinem frühen Tod am 08. März 1559 verschärfte sich erneut die Situation .

Die Grenze zwischen Gutach und Hausach, zwischen dem katholischen fürstenbergischen Besitz im Kinzigtal (Adler) und dem Besitz der protestantischern Herzöge von Württemberg mit den drei Hirschstangen im Wappen (Grenzstein, Bilder rechts) verläuft bis heute durch das gemeinsam ausgewiesene Industriegebiet östlich der heutigen Firma Ditter.

Text: Bernd Schmid
Quelle: Jahrbuch des Historischen Vereins Mittelbaden 1977
Krebs, politische und kirchliche Geschichte der Ortenau, "Die Ortenau in wort und Bild" , 1929