Der Hausacher "Kirchenstreit" und die "Kaplaneistiftung"

Eine edle Wohltat löst den Hausacher „Kirchenstreit“ aus

Die Kaplanei ein Hausacher  Rokoko - „Denkmal“

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Die Hausacher Bürger, die unter der Burg im „Städtle“  wohnten,  empfanden es schon immer beschwerlich, den sonntäglichen Gottesdienst im Hauserbach, im Dorf zu besuchen. Auch die zu kleine, alte Kapelle St. Sixt ließ den Wunsch nach einem angemessenen Gotteshaus mit bürgernaher Seelsorge in der Stadt wachsen.  -

Diesen Missstand beseitigten der begüterte Handelsmann Franz Anton Werra aus Staufen und Anna Maria, geborene Glück,  indem sie Nützliches mit Zweckmäßigem verbanden. Die Hausacher sollten einen eigenen Kaplan als Seelsorger im Städtle erhalten. Dazu planten sie ihm ein würdiges Wohnhaus, die Kaplanei. Auch die Bezahlung des Kaplans war über die von ihnen reich ausgestattete Kaplanei-Stiftung geregelt. – Die künftigen Kapläne sollten möglichst verwandt oder der Familie nahestehende Priester sein, die bereit waren, wöchentlich 2 Messen für das Seelenheil der edlen Stifter zu lesen. Die Kaplanei-Stiftung "Werra-Glück" wurde schon wegen ihrer Höhe, ähnlich der Kreuzberg-Stiftung, auch für soziale Zwecke und für die Ausbildung von Priestern aus der Gemeinde genutzt. Der Fürst persönlich als auch der Bischof zu Konstanz boten sich an, im Rahmen einer Schirmherrschaft, das eingesetzte Vermögen zweckgebunden zu verwalten.

Nachdem Franz Anton Werra schon 1783 verstorben war, überließ Anna Maria die Geschäftsführung der Stiftung ihrem Bruder Philipp Jakob Glück, der als Eigentümer der „Krone“ zur damaligen Zeit wohl der reichste Hausacher Bürger war und dessen Stimme im städtischen Ratsgremium gehört und weitgehend befolgt wurde. Jakob Glück war das Seelenheil der Schwester und des Schwagers sicher wichtig, dennoch reduzierte er die eine oder andere Vorgabe der reichen Schwester auch zu seinen Gunsten.

So widersetzte er sich als Stadtbewohner dem Anliegen des Stadtpfarrers das Kaplaneigebäude neben der Dorfkirche zu erbauen. Schließlich hätte Pfarrer Kaiser zu gerne auch den neuen Kaplan beaufsichtigt. Auch ein weiteres Gelände, das der Stiftung gehören sollte, tauschte Glück gegen ein minderwertigeres ein, zumal er die zentrale Aufgabe des neuen Kaplans in der Seelsorge für die städtische Bevölkerung sah. Dass für die Schwester und deren reichen Handelsmann aus Staufen jährlich 104 Messopfer gelesen werden sollten, schienen dem nüchtern denkenden,  der Aufklärung verbundenen Jakob Glück doch sehr übertrieben. Dagegen erfreute er sich an den kunstvollen Rokoko-Stilelementen des neuen Gebäudes mit dem zentralen Symbol der Glücksgöttin, das auch seinen eigenen Grabstein ziert. 

Wenn auch zum ausgehenden 18. Jahrhundert die Notwendigkeit der Kirche und Seelsorge im Ort zunächst einmal gelöst war, so war das einzigartig schöne Rokoko - Gebäude mit dem reizend gestalteten Sandsteinportal doch immer wieder den Bürgern des 19. Jahrhunderts ein Hinweis darauf, dass sich das kirchliche Leben im Ort und nicht außerhalb vollziehen müsse. 

So gelang es Jakob Glück, gegen den Willen des damaligen Pfarrers Franz Xaver Frändle, die Kaplanei auf einem dem oberen Tor nahen Allmend – Gelände zu erstellen, das vorher als Schulgarten genutzt worden war. Glück stellte dem Rat in Aussicht, den oberen Stock der Kaplanei als Schulraum zu nutzen, zumal auch die Räumlichkeiten in der Stadtmühle begrenzt waren. 

In Anwesenheit der edlen Stifterin Anna Maria Werra und der letztendlich doch zufriedenen Pfarrer Frändle und dessen Nachfolgers Kaiser, wurde 1784 die Kaplanei, damals und heute eines der schönsten Häuser im Städtle, eingeweiht.

Schultheiß Moser, Schwager des Jakob Glück, überreichte eine Dankurkunde und würdigte die edle Spenderin als „Wohledle, insonders hochgeehrteste Frau“, er bezeichnete sie als „ewige Gutthäterin“, die ein „ ihrer edelsten Seele schönstes unauslöschbares Denkmal“ geschaffen habe. Er verwies auf den Nutzen der Kaplanei für die Hausacher: „Wieviele unblutige Opfer des Gottversöhners Werk künftighin mehr gewandelt werden, denen auch schwache Greiße beywohnen können ! Wie mancher Sterbende wird Sie auf seinem Todtbett segnen und Ihnen ewig sein Heyl verdanken !“

Der Hausacher „Kirchenstreit“ hatte mit der Einrichtung der Kaplanei begonnen. Schließlich lebte der Pfarrherr immer noch in einem maroden Pfarrhaus im Dorf, während der ihm unterstellte Kaplan in einem vornehmen Gebäude bei bester Alimentation der Kaplanei-Stiftung sein Amt versah. Die Pfarrkirche (Dorfkirche) war in einem erbärmlichen baulichen Zustand. Ein Abbruch und Wiederaufbau an gleicher Stelle im Dorf wurde erwogen. Vor nun badischen Gerichten und Behörden begann die Auseinandersetzung bezüglich der Kostenübernahme durch die Fürstenberger und die eigentlich immer arme Stadt Hausach.

Bild/Text/Digit. Gestaltung: Bernd Schmid /Quellen: Strittmatter, Bischoff