Das Bahnhofshotel

Nachdem die alte Posthalterei zur „goldenen Krone“ des Posthalters Anton Armbruster im Jahre 1854 aufgelöst und versteigert worden war, baute der neue Posthalter und Hotelier Schmider ein imposantes Hotel gegenüber dem Bahnhofsgebäude. Bis zum Bau der Anschlussstrecken nach Freudenstadt und Villingen unterhielt er weiterhin, wie es in der „goldenen Krone“ war, Pferde und Kutschen zum Weitertransport der Reisenden. 

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Besitzer: Hotelier und Posthalter Schmider, nach 1869 Gottlieb Schnetzer, Familie Haaf, 1957 erwarb Hotelier Mies aus Bendorf das Haus und nannte es "Hotel zum weißen Lamm" . In dieser Phase wurde das Hotel vom jungen Heimat-Film entdeckt. Mit Heinz Erhardt und Christine Kaufmann, Willy Reichert, Trude Herr u.a. wurden 1959 im "weißen Lamm" Szenen der Filmkomödie "Der letzte Fußgänger" gedreht. 

Lothar Sonntag beschreibt das schöne Hotel: "Das Bahnhof-Hotel Hausach war das Beste im Umkreis. Gegenüber dem Bahnhofs- Knotenpunkt der Schwarzwaldbahn gelegen, war es attraktiv für Durchreisende und Kurgäste. Rechts vom Eingang befand sich das Hotelrestaurant mit etwas gehobenem Interieur, wo auch die lokalen Honoratioren verkehrten, während im linken Teil die gewöhnliche Gastwirtschaft war. Meine Mutter, die gegenüber in der Bahnhofswirtschaft als Kellnerin beschäftigt war, erzählte mir, dass es ein beliebtes und gutgehendes Gasthaus war und deren damaligen Besitzer, Herr und Frau Haaf, höfliche Gastronomen mit Niveau gewesen seien, auch gegenüber ihren Angestellten. Und ebenso fortschrittlich: Fernsprechnummer 1. Im ersten Stock befanden sich die Hotelzimmer, im Parterre hinter dem Restaurant die Hotelküche mit entsprechend gutem Ruf. Links vom Hotel war ein sehr breiter Kiesgarten mit runden Blechtischen unter schattigen Kastanienbäumen. Etwa 1937/38 wurde dort ein ziemlich großes, Gartenhaus ähnliches Holzgebäude gebaut, weiß gestrichen und mit großen Panoramafenstern zur Straßenseite. 

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Mit der Zeit verlor das schöne Gebäude auch wegen des starken Durchgangsverkehrs als Hotel an Zuspruch. Die jungen Leute erinnern sich aber gerne an die "Teenager Bälle" der 60er Jahre und an die tolle Diskothek im großen Gewölbekeller des Hauses. Unvergessen bleibt auch der "Bonanza-Wagen" der Familie Moers, der fast 2 Jahrzehnte die Fernfahrer und Schülerschaft der weiterführenden Schulen in Hausach mit der besten "Curry-Wurst" versorgte. 

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Viele Kundgebungen der NS-Ortsgruppe fanden in den Räumlichkeiten des Bahnhof-Hotels statt. In dieser Zeit beobachteten die Hausacher ihre Märsche zwischen Stadt und Bahnhof. Voraus ging häufig der Fanfarenzug, es folgte eine Abordnung der Stadtmusik, die die Bedeutung der Kundgebung hervorhoben und "betonten". Die Hitler-Jugend eskortierte nicht ohne Stolz, wie hier bei der Bahnunterführung, den Auftritt der neuen politischen Ortsprominenz. 

„Auch das dritte Reich nutzte den Charme des schönen Anwesens. 1933 wurde im Sommer eine Einheit des Reichsarbeitsdienstes (RAD) einquartiert. Ich habe gesehen, wie die jungen Leute vor dem Gebäude auf langen Bankreihen ihre Waschschüsseln stehen hatten, sich wuschen, rasierten oder die Arbeitskleidung säuberten. Die RAD-Burschen waren 17 – 18 Jahre alt, braungebrannt, mit braunen Uniformen, jeder mit einem Spaten bewaffnet, der nach der Arbeit immer glänzend sauber poliert und kontrolliert wurde. Sie marschierten im Gleichschritt morgens, den Spaten geschultert, Marschlieder singend, die Straßen entlang zu ihrem Einsatz.

Ihre Aufgabe war das Anlegen von Waldwegen und Verschönerungsarbeiten rings um das Städtchen. Die Jungen kamen zum Teil aus Bayern und waren bei der Bevölkerung sehr beliebt. Gegen Ende ihrer halbjährigen, vormilitärisch organisierten Dienstzeit veranstalteten sie einen Ball zur großen Freude der Hausacher Dorfschönheiten.“

In diesem Nebengebäude des Hotels fanden noch Vorkriegs-Fastnachtsbälle statt, danach NS-Parteiveranstaltungen und schließlich ein Kino-Betrieb, wo wir Schüler mit Begeisterung Rühmanns „Max, der Bruchpilot“ oder die Filme von Luis Trenker ansahen. Die älteren Besucher bevorzugten die Dramen mit Zarah Leander und Christina Söderbaum oder die K.u.K.-Komödien mit Hörbiger, Moser und Co.

Hinter dem Hauptbau befand sich ein längliches, scheunenartiges Gebäude mit 5 oder 6 großen, hölzernen Flügeltoren, die „Autoeinstell-Hallen“ für motorisierte Gäste auf Schwarzwald-Tour, die aber nicht so zahlreich waren. Ein Abteil davon war Pferdestall und Wagenremise.

Im Hotel wurden während der Kriegszeit immer wieder Offiziere und Mannschaften einquartiert, im April 1945 beschlagnahmten die französischen Besatzungskräfte das Gebäude für mehr als ein Jahr, sowohl Offiziere als auch Marokkaner-Soldaten wohnten in den Hotelzimmern. Ende der 50er-Jahre wechselte die Liegenschaft zum neuen Besitzer Peter Mies und nannte sich „Weißes Lamm“.

Es wurde etwas modernisiert und renoviert, teilweise an Handel und Gewerbe weiter vermietet und brannte schließlich 2010 ab."

 

Text: Lothar Sonntag / Bernd Schmid
Bilder: Städt. Museum