Haus Hasenfratz wird von Jabos zerstört
Jabos demoralisieren
"0 je,s Hasefratze Hus liegt uf de Stroß! " erscholl es aus dem Hausacher Städtchen, als einige Bewohner ihre verängstigten Blicke die Hauptstraße hinauf in Richtung Bahnhof richteten. Was war geschehen?
Anfang 1945, die alliierten Truppen konnten durch das Elsass bis zum Rhein vordringen. Doch schon lange zuvor suchten feindliche Jagdbomber fast täglich das Kinzigtal heim, um vor allem die strategisch wichtige Schwarzwaldbahn lahmzulegen. Bei ihren Angriffen schossen die Piloten auf alles, was sich bewegte. Damit sollte auch die Zivilbevölkerung demoralisiert werden.
Hausach, als wichtiger Verkehrsknotenpunkt vor dem Aufstieg der Züge über den Schwarzwald, zog immer wieder die feindlichen Fliegerstaffeln an. Zum Schutze des Bahnhofs wurden rund um die Gleisanlagen, besonders beim Baggerloch, Fliegerabwehrkanonen postiert, die meist von jungen Flakhelfern ( Schüler aus Freiburg) bedient wurden. Sie setzten mitunter den Angreifern bei ihren todbringenden Einsätzen ordentlich zu und holten so manchen Feindflieger vom Himmel herunter.
Auf dem Schloßbergturm hielt ein Posten Ausschau nach den plötzlich einfallenden Flugzeugen. Mit einem Signalhorn warnte er die Bevölkerung, da die Sirenen viel zu spät ertönt wären. So manchem Zug, der das Kinzigtal hinaufkeuchte, wurde zur Abwehr von Fliegerangriffen ein Wagen mit einer Vierlingkanone angehängt.
Doch die feindlichen Jagdflieger ließen sich nicht abschütteln. Zu jeder Tageszeit kreuzten sie auf. Nur schlechtes Wetter verschaffte den Kinzigtälern eine Verschnaufpause. Dann setzte die Nervensäge wieder ein!
So wurde beispielsweise beim Steinbruch Keller ein Zug angegriffen. Dabei wurde auch der Hechtsberg in Mitleidenschaft gezogen. Ein andermal stürzten die Jabos bei der Unterführung auf eine Dampfflok und durchsiebten dabei das Dach des Hasenfratz'schen Hauses. Dann, so berichten noch Zeitzeugen, zischte ein Geschwader über einen Zug und den Hausacher Bahnhof, ohne anzugreifen. Doch als die dem Zug beigefügte Flugabwehr das Feuer eröffnete, kehrten die Jabos zurück und rächten sich bitter.
In Hausach wusste man, dass bei Triberg der gefürchtete Reichsführer der SS, Heinrich Himmler, in einem Zug seinen Stab aufgeschlagen hatte. Eine dauernd unter Dampf gesetzte Lokomotive sorgte dafür, dass bei jedem Herannahen feindlicher Flugzeuge der Zug in den schützenden Tunnel gefahren werden konnte.
Text: Kurt Klein, Repro: Städt. Museum
Digit. Bernd Schmid
Hubert Hasenfratz: "Mein Kopfkino"
"Hausach-chronik-online" dankt Herrn Hubert Hasenfratz für die aufmerksame Lekture und Korrektur der uns vorliegenden Berichte.
"In meinem Kopf ist die Erinnerung an den Todestag meiner Mutter Paula Hasenfratz und meiner kleinen Schwester Christa sowie der Zerbombung des Elternhauses noch immer wie im "Kopfkino". Damals war ich sieben Jahre alt, zwei Jahre älter als unser Nachbar Rudi Seeholzer und ich erinnere mich an sehr viele Details.
Anders als in manchem Buch sollte "Hausach-Chronik-online" möglichst der Wahrheit nahe kommen." Schließlich kann ja ständig korrigiert und aktualisiert werden.
Die vorliegenden Berichte des damaligen jungen Flakhelfers R.Sch. und des Berichtes von Kurt Klein bedürfen nach meiner Erinnerung dieser Ergänzung und Korrektur:
"In meiner Erinnerung kamen die Flieger immer plötzlich hinter dem Schlossberg hervor und flogen entlang der Hauptstrasse. Dabei schossen die MGs auf den Zug, der vor dem Haltesignal auf dem Bahndamm stand und auf alles was auf der Hauptstrasse Ziel sein konnte.
Das Einfahrtsignal für den Bahnhof war hinter unserem Haus. Weil im Bahnhofgelände vieles schon zerstört war, stand fast immer ein Zug auf dem Bahndamm und wartete auf Einfahrt. Unser Haus stand neben dem Bahndamm, so wie jetzt das Streit Gebäude Hauptstrasse 2, es hatte aber nur zwei Geschosse. Wir wohnten im Erdgeschoß und einem Zimmer des Obergeschosses. Dort wohnte auch Familie Spinner mit den jugendlichen Kindern August (Gustel Spinner) und Alois Spinner, sowie deren Opa Severin Bächle.
Am 28.02.1945 lag Herr Bächle krank im Bett, die anderen Familienmitglieder waren nicht im Haus. Dagegen waren ein einquartierter Soldat nach seiner Nachtschicht, die aus Kehl bei uns untergebrachte Familie Friedrich Geiler (Eltern mit Tochter Hilda, 23 J.), sowie meine Mutter mit meiner kleinen Schwester im Haus. Das Nachbarhaus Keller, Hautstrasse 4, war sehr klein und mit geringem Abstand kam dann noch, Hauptstrasse 6, das Haus Reinhold.
Die Bomben fielen nicht senkrecht vom Himmel, sie hatten zunächst die Flugrichtung des jeweiligen Flugzeugs. Eine Bombe schlug hinten in das Haus Keller, die andere Bombe ca. 10 bis 15 Meter weiter in unser Haus.
An die Bombentrichter kann ich mich noch gut erinnern und vor allem auch daran, dass der Schutt unseres Hauses über die Strasse bis in die gegenüberliegende "Anlage" (kleine Parkanlage) gefallen war. Man hat mir die Stelle nahe dem Kanal gezeigt, wo Opa Bächle mitsamt Bett auf dem großen Schutthaufen gelandet war.
Wären die Flieger aus dem Breitenbach gekommen, hätte auch der Einschlag, schräg von vorne, mitten durch Opa Bächles Schlafzimmer, das Haus samt Schutt Richtung Bahndamm geworfen. Sehr wahrscheinlich ist der Flieger über das Hauserbachtal, über die Kreuzbergkapelle, die Schlossruine und entlang der Bahn geflogen. Das Haus Reinhold wurde nicht beschädigt aber dann komplett die nächsten beiden Häuser Keller und Hasenfratz. Anders als unsere Nachbarn Seeholzer haben wir bei Fliegeralarm nicht in die Bahndammröhren sondern, je nach Wetter, im Löwen-Eiskeller am Tannenwald, wenn es bis dahin nicht reichte, im Luftschutzkeller des Herrenhauses, dem heutigen Narrenkeller, Schutz gesucht. Ob die Flakhelfer aus ihrer Perspektive am hinteren Bahnhof, den Breitenbach und Hauserbach verwechselt haben? -
Für uns Kinder waren die MG-Hülsen normales Spielzeug, das nach einem Angriff entlang der Hauptstraße in einer Reihe lag und eingesammelt werden konnte.
Herr Klein hat den Aufenthalt meiner Schwester Brigitte und mir nicht richtig beschrieben: Am 28. 02. 1945 sagte Mutter, dass wir Nachmittags, aus Sicherheit, zur Tante Hedwig (Hiller) in die Netterstrasse gehen sollten. Wir wurden warm eingepackt und meine Mutter meinte: `Geht schon mal voraus, ich versorge noch die Kleine und komme gleich nach!´
Wir sind, Richtung Herrenhaus, durch die damaligen Gärten (heute Schulgelände), Richtung Netterstrasse gelaufen und waren am Kindergarten St. Anna vorbei, als die Flieger kamen. - Es waren nur noch wenige Schritte bis zu Hillers und dort gingen wir gleich zum Schutz in den Keller. Es kamen keine Flieger durch den Breitenbach, wir waren ja dort in der Nähe. Nach der Entwarnung wollten wir wieder nach Hause, wurden von Tante Hedwig aber festgehalten bis Onkel Albert mit der traurigen Nachricht kam, dass unsere Mutter umgekommen sei und wir jetzt bei ihnen bleiben müssten.
Ich hoffe, dass hiermit der Vorgang für "Hausach - Chronik -online" richtig beschrieben ist."
gez. Hubert Hasenfratz