Der 11-jährige Karl Krug berichtet
Karl Krug: "Ich war überrascht wie menschlich der Feind aussah!"
Buchauszug: Karl A. Krug, Splitter Angst und Hunger, Köln 2005
Im April 1945 zogen französische Truppen mit ihrer marokkanischen Vorhut ohne nennenswerten Widerstand deutscher Truppen das Kinzigtal hinauf und marschierten am 21.4.1945 in Hausach ein.
Mit der Mutter und Schwester, dem Opa, der Oma und anderen Frauen saßen wir im Keller in der Klosterstraße und lauschten den Gerüchten, die immer wieder von den Erwachsenen dort erzählt wurden.
Ich wartete auf einen großen Knall, mit dem der Krieg beendet wird. Aber nichts dergleichen geschah.
Als im Keller bekannt wurde, dass gepanzerte Fahrzeuge und Lastwagen gefolgt von marokkanischer Kavalerie bereits auf der Hauptstraße Richtung Bahnhof fuhren, machte sich erste Erleichterung breit.
Plötzlich ertönten Stimmen: "Achtung! Soldaten kommen!" Ich lag unter den Granitsteinen der Kellertreppe, wagte kaum den Kopf zu heben. Ich hörte nur Schritte, die näher kamen und dann eine kräftige Stimme: "Nix Soldat?" - Opa antwortete ebenso deutlich und überzeugend: "Nein, nix Soldat!"
Als der mit einem Gewehr bewaffnete Uniformierte auch unter die Treppe schaute, blickte ich ihm in die Augen und war überrascht, wie menschlich der Feind aussah.
In diesem Augenblick war für mich der Krieg mit Kampfhandlungen beendet, alle Illusionen für einen Endsieg wertlos und das propagandistische Lügengebäude zusammengebrochen. Eleichterung machte sich breit.
Dann kam es etwas später doch noch zu einer unerwarteten gewaltigen Explosion, die in Hausach endgültig den Krieg beendete. Die am Berghang des Schloßbergs stehenden Häuser bis hoch zur Kloster- und Breitenbachstraße bebten, die Erde zitterte und ich glaubte zunächst an ein Erdbeben. Doch dann entdeckte ich Rauchwolken, die aus den Tannen auf dem Weg zur Burgruine hervorquollen.
"Was ist passiert?" fragte ich aufgeregt. "Der Pulverkeller am Schlossbergweg, der mit scharfer Munition gefüllt war, ist in die Luft geflogen", wurde geantwortet... Ich kam bis zum Waldrand, dort hielten uns die Erwachsenen zurück, weil angeblich die französischen Soldaten verletzt herumlagen, die zum Spaß auf die Eisentür des Pulverhauses geschossen und damit die dort befindliche riesige Menge Munition entzündet hatten.
Digit. Gest. Bernd Schmid