Das städtische Wasserleitungsnetz geht in Betrieb

Ein nachhaltiger infrastruktureller Meilenstein

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Die stolzen italienischen und deutschen Bauleute nach Fertigstellung des Wasserleitungsnetzes ...

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…ahnten 1913 nichts von der Bedeutung des Projektes "kleine Kinzig" für die Stadt Hausach im 21. Jahrhundert.

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Der Burghofbrunnen und der Stadtbrunnen

Bis zu diesem Zeitpunkt war die städtische Bevölkerung auf 13 lokale Brunnen angewiesen. Der einzige noch aus dieser Zeit vorhandene Brunnen ist der "Obere Eichenbrunnen". Einige Brunnenanlagen verschwanden bedauerlicherweise aus dem Stadtbild. So erinnert nichts mehr an den "Zehntscheuerbrunnen" in der Nähe der Volksbank, an den "Standfestenbrunnen" oberhalb des Fernmeldeamtes in der Breitenbachstraße, an den Langenhausbrunnen auf dem Gelände der Firma Binder&Wöhrle oder gar an den Stadtbrunnen gegenüber dem Rathaus und den "Hinteren Brunnen" beim Gasthaus Schwabenhans. An den "Herrenschneiderbrunnen" hinter dem ehemaligen Anwesen Hämmerle erinnert heute, an einem der schönsten und ruhigsten Plätze der Altstadt, der "Krottenau - Brunnen" Durch Vereinsaktivität und den Einsatz des rührigen ehemaligen Stadtgärtners Konrad Willmann wurde jedoch der Verlust historischer Anlagen zumindest wieder durch einige neue Brunnenanlagen ausgeglichen

Der ehemalige Dorfbrunnen in der Nähe des Anwesens Welle / ehemals Streif wurde ersetzt durch einen "Bergmannsbrunnen", der "Altspitalsbrunnen" sprudelt wieder in der schattigen Anlage östlich des Fahrradgeschäftes Stehle. An den "unteren Brunnen" vor dem Burghof erinnert nun der "Narrenbrunnen". Die Schlossberg - Quelle, zur Zeit Heinrich VI für die Burg gefasst, speist heute den Brunnen neben dem Kriegerehrenmal und den Brunnen westlich des ehemaligen städtischen Magazins und der Werkstätte der Hausacher Segelfliegergruppe. Auch der "Strobelbrunnen" beim Heizmannbeck hat wieder einen Nachfolger in der Anlage gegenüber der Metzgerei Riester gefunden.

Der Gedanke, dass erstmalig in jedem städtischen Haus fließend Wasser installiert werden könne, war nur schwer vorstellbar. Das Gemeinwohl bezüglich einer deutlich verbesserten Hygiene, der gemeinsamen Verantwortung für die beiden neu erstellten Wasserspeicher im Wannenbach und am Kreuzberg, der enorme Arbeitsaufwand zur winterfesten Verlegung eines Wasserleitungsnetzes, erforderten nicht nur erhebliche finanzielle Mittel. - Schließlich bedeutete diese Neuerung ein Stück weit auch Verzicht. Möglicherweise bedauerten Hausfrauen, Kinder und Mägde den Verlust des Wasserholens und des Waschens im Kinzigvorland als eine liebgewonnene und damals wichtige Möglichkeit der Pflege sozialer Kontakte. 

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Das Wasserreservoir Wannenbach

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Das Reservoir Kreuzberg, ehrenamtlich renoviert von Erich Grießbaum 

Die beiden Wasserspeicher am süd-östlichen und süd-westlichen Nordhang, etwa 250 m über dem Meerespiegel, ließ Bürgermeister Gustav Adolf Rist durch italienische Bauleute erstellen. Sie bündelten im Gewann Kreuzberg und Wannenbach reines, gesundes Bergwasser und leiteten es in die neu erstellten Reservoire mit einem Speichervolumen von knapp 300 cbm.

Sichtbar legten die Hausacher (2000 Einwohner) auch Wert auf die repräsentative Dekoration. Sie leisteten sich mehr als die reine Funktionalität der Wasserbehälter. Die architektonischen Stilelemente des Historismus mögen Hinweis auf die historische Bedeutung dieser neuen Behälter auf dem langen Weg der städtischen Versorgung mit Trinkwasser sein. Sie belegen auch den berechtigten Stolz auf diese wichtige hygienische Neuerung. Es war ein infrastruktureller Meilenstein. Schließlich stellten die beiden Behälter sicher, dass alle Häuser und Wohnungen der Stadt jederzeit mit frischem Wasser auf Abruf, per Wasserhahn, versorgt werden konnten.

71 Jahre später, im Jahr 1984 (5000 Einwohner) schloss sich die Stadt Hausach der Fernwasserversorgung "Kleine Kinzig" an. Das alte Leitungssystem wurde erneuert. Die zusätzlich gebauten Hochbehälter sichern die Eigenständigkeit der Wasserversorgung im Katastrophenfall. Durch den Anschluss an den Zweckverband wurde die kommunale Eigenständigkeit aufgegeben. Dennoch ist dadurch die Wasserversorgung auch in extremen Trockenphasen sicher gestellt.

Text/Bild: Bernd Schmid